Higgs-Kunst-Projekt: Eine Zeitreise
8. Februar 2014
Brigitte Grawe

Der Nachweis des Higgsteilchens besticht vordergründig durch den Anblick atemberaubender Technik.

Doch das ist nur der äußere Schein, und für mich eine Art Sinnbild von etwas ganz Großem. Was dem zugrunde liegt, ist mindestens ebenso spannend zu ergründen. Wenn ich die Fotos des CMS oder des LHC betrachte, geht mein innerer Blick genauso fasziniert weit in der Zeit zurück.

Bereits im Altertum begann man darüber nachzudenken, woraus Materie besteht.

Man nahm an, sie bestehe aus vier Grundelementen: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Das änderte sich im 6. Jahrhundert v. Christus. Der Naturphilosoph Demokrit von Abdera (400 v. Chr.) gilt neben seinem Lehrer Leukippos als Begründer der Atomtheorie. Er war der Überzeugung, dass sich alle Materie aus kleinsten, unsichtbaren Teilchen zusammensetzt.

Diese “unzerteilbaren” Teilchen nannte er  a-tomos (griech. unteilbar). Das Revolutionäre seiner Atomlehre war dabei die Prägung des ‘leeren Raums’. Das war bis dahin undenkbar. Nach seiner Theorie entstehen Dinge durch Verbindung und Trennung der Atome untereinander. Zwischen ihnen gibt es nur den leeren Raum.

Demokrit erkannte damals zwar die Natur und Eigenschaften der Atome nicht richtig, doch die Idee des Atoms als Grundbaustein von Materie war geboren. Mangels Beweisen konnte sie sich jedoch nicht wirklich durchsetzen. Platon (427-347 v. Chr.) und Aristoteles (384-322 v. Chr. ) lehnten die sog. Atomistik ab.

„Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter;

in Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.“ Demokrit

 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts griff der britische Naturforscher John Dalton die Ideen Demokrits wieder auf, und prägte die erste naturwissenschaftlich begründete Vorstellung kleinster Materieteilchen. Auch er glaubte, dass Atome unteilbar seien und weder erschaffen noch zerstört werden könnten.

Erst der Physiker Joseph John Thomson erkannte und bewies kurz vor der Jahrhundertwende, dass Atome doch teilbar sind, und stellte das erste Atommodell auf. Er entdeckte 1897 das Elektron und erhielt dafür den Nobelpreis. Nach Thomson folgten weitere maßgebliche Physiker und Chemiker und mit ihnen eine Reihe bahnbrechender Forschungsergebnisse.

Ihren großen Durchbruch erlebte die Atomphysik Dank der neu entwickelten

Quantenmechanik in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Zum ersten Mal war es möglich, den Aufbau der Atome und ihre Struktur zu verstehen. Viele wichtige Stationen gab es auf dem Weg der Erkenntnisse, und viele Namen wären in diesem Zusammenhang zu nennen.

Demokritt, Leukippos, R. Boyle, John Dalton, Joseph John Thomson, Ernest Rutherford, Niels Bohr und sein Sohn Aage, H. v. Helmholtz,  Max Planck, Albert Einstein, Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg, Francois Englert, Robert Brout und Peter Higgs sind wohl nur einige der maßgeblichsten Forscher auf dem Weg der Atomphysik zum heutigen Wissensstand.

Was im Altertum mit den ersten Überlegungen zur Materie begann, im 20. Jahrhundert bahnbrechende Erkenntnisse erlangte, führte nun – im 21. Jahrhundert – zur  Entdeckung des Higgsteilchens. Und der Weg geht weiter. Ein neuer Super-Teilchenbeschleuniger mit einer Länge von 80 – 100 km ist in Planung.

Die Physiker des CERN sind bestrebt dieses Mammutprojekt nach Genf zu holen.

Aufgrund der enormen Ressourcen kann ein solcher Super-Ringbeschleuniger weltweit nur einmal gebaut werden. Ganz zu schweigen von den damit verbundenen Kosten. Daher prüfen auch Amerikaner und Chinesen bereits die Machbarkeit im eigenen Land. Das CERN hat als weltgrößtes Forschungszentrum für Teilchenphysik vielleicht die besten Chancen.

Wer auch immer das Rennen macht, bis zur Fertigstellung wird es Jahrzehnte dauern und nur unter Beteiligung der ganzen Welt umsetzbar sein. Ziel ist es, mehr über das Higgs-Boson zu erfahren. Zudem erhofft man sich das Rätsel der Dunklen Materie und der Dunklen Energie erforschen zu können, die immerhin 95% der Materie im Universum ausmachen. Wir sollten also dranbleiben, die Teilchenphysik ist und bleibt ein großes Abenteuer.

Die moderne Physik schreitet also auf denselben geistigen Wegen voran, auf denen schon die Pythagoreer

und Plato gewandelt sind, und es sieht so aus, als werde am Ende dieses Weges eine sehr einfache

Formulierung der Naturgesetze stehen, so einfach, wie auch Plato sie sich erhofft hat.

Werner Heisenberg

Auf alle wichtigen Stationen und Ereignisse der Atomphysik hier im Einzelnen einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Wer sich dafür interessiert, folge bitte den Links und/oder lese die angegebene Literatur:

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