Higgs-Kunst-Projekt: Im Bann der Materie
31. Januar 2014
Brigitte Grawe

Mitunter schwirrt mir der Kopf, weil ich gierig lesend

alles verschlinge, was mir vor die Augen kommt.

Auf meinem Schreibtisch türmen sich Bücher und ausgedruckte Artikel zum Thema Teilchenphysik. Die Datenmenge der auf meinem PC gespeicherten Beiträge erhöht sich täglich. Gott sei Dank gibt es inzwischen viele Online-Publikationen, auf die man kostenfrei zugreifen kann. Auch Videos gibt es in Hülle und Fülle dazu.

Doch die vielen Informationen überschwemmen mich geradezu mit Assoziationen und Ideen. Das Thema ist eine unablässig sprudelnde Inspirationsquelle. Manchmal reicht schon eine zündende Überschrift, um mich in eine wahre Gedankenflut zu stürzen. Ich recherchiere kreuz und quer, und entdecke immer wieder Neues.

Man könnte nun vermuten, das Ganze artet in Chaos aus.

Doch die Gefahr besteht nicht, keine Sorge. Das verhindert mein ‘ProjektLogbuch’ auf eigentlich ganz einfache Weise. Das Bloggen hilft mir, alle aufgenommenen Informationen zu sortieren. So lässt sich das erworbene Wissen bewusster reflektieren, und führt mich geradewegs in den künstlerischen Output hinein.

Inzwischen schreibe ich täglich. Es ist zu einem unverzichtbaren Instrument geworden. Für einen Blogpost nehme ich mir im Schnitt 3 Tage Zeit. Während dessen und im Anschluss entstehen neue Bilder. So spielt sich mit und mit ein gewisser Ablauf ein: Recherchieren + lesen -> schreiben + Bilder machen.

Meine Blogbeiträge sind jedoch nach wie vor in erster Linie als Einladung gedacht,

mir bei meiner künstlerischen Arbeit ‘über die Schulter’ zu schauen.

Die mit jedem Post steigenden Leserzahlen zeigen, dass diese Einladung gerne angenommen wird. Die Resonanz ist durchweg positiv und unerwartet hoch. Per E-Mail, Facebook & Co. sowie in persönlichen Gesprächen erreicht mich ein erfreuliches Feedback.

Die Sahnehäubchen auf der ‘Higgstorte’ sind dabei die begeisterten Rückmeldungen derer, die sich zwar schon länger für meine Kunst, aber nicht unbedingt für die aktuelle Thematik interessierten. Das hat sich offensichtlich aufgrund meines Blogs geändert.

Im letzten Beitrag habe ich erste Ergebnisse des Projektes gezeigt; eine kleine Auswahl Bilder. Ich muss gestehen, ich hatte Lampenfieber. Anspannung machte sich breit, nachdem ich den Blogpost online gestellt hatte. Waren die Bilder überhaupt schon gut genug? Hatte ich die richtige Auswahl getroffen?

Aber vor allem eines beschäftigte mich; würden meine Betrachter

die Thematik in den Bildern überhaupt wiederfinden?

Ich wartete ungeduldig auf die ersten Reaktionen. Ich hatte Glück; sie kamen schnell und positiv. Was für eine Erleichterung! Doch wer denkt, hier würden nur neue Bilder zu sehen sein, der irrt.  Auch ältere Werke kommen wieder ins Spiel. Denn; vor fünf Jahren habe ich mich schon einmal mit Teilchenphysik befasst.

Allerdings nicht so tiefgreifend wie jetzt, sondern im Zuge einer Recherche zur Abstraktion in der Kunst. Ich las damals einen Artikel* des Wissenschaftshistorikers Ernst Peter Fischer. Er schrieb u.a.:

“Was die Natur unseren Augen bietet, besteht in Wirklichkeit aus Atomen, und Atome bestehen in Wirklichkeit aus symmetrischen Formen voller Energie. Wenn also ein Maler die Wirklichkeit abbilden will, muss er abstrakt malen …  Es ist ein erstaunlicher und nach wie vor unverstandener Vorgang, der sich um 1900 in der Kultur Europas vollzieht. Sowohl die Naturwissenschaften als auch die Kunst verlieren ihren Gegenstand, indem sie ihn durchschauen und hinter diesem Fenster neue Formen finden.”

Dieser Aspekt hat mich damals lange beschäftigt. In der Folge entstanden Bilder, die ganz klar widerspiegeln, womit ich mich im Vorfeld befasst hatte. Ich dachte jedoch nicht im Traum daran, dass dies der Beginn einer Veränderung meiner Kunst sein könnte.

Es war zunächst nicht mehr als eines von vielen Themen,

die ich mit meiner Kunst gestreift habe.

Doch rückblickend stelle ich fest, dass es einen größeren Einfluss hatte, als mir bewusst war. Denn ab diesem Zeitpunkt veränderten sich meine Arbeiten deutlich. Sie entwickelten sich stärker in Richtung konkrete Kunst. Geometrische Formen waren nun ein zentrales Thema, das bald darauf in der Op-Art mündete.

Der Inhalt des o.g. Artikels begleitet mich bis heute. Schade, dass man Hilma af Klint – die erwiesene Begründerin der abstrakten Kunst – nicht mehr dazu befragen kann. Ihre Meinung hätte mich sehr interessiert.

Hier die eben erwähnten Bilder:

P.S.:  Ich freue mich über jedes “like”!

* Ernst Peter Fischer : Umbrüche – Parallelen in Wissenschaft und Kunst. – Neues Museum. – Heft 4.2004, S. 6-14. – ISSN 1015-6720

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