Leonardo da Vinci: The Mechanics of Man
10. August 2013
Brigitte Grawe

Edinburgh bietet anlässlich des Fringe Festivals eine Ausstellung die für mich bereits im Vorfeld auf der ‘must-see-liste’ stand:  “Leonardo da Vinci: The Mechanics of Man”. Schon seit längerem beschäftige ich mich mit Leben und Werk des Universalgelehrten und Wissenschaftskünstlers.

1452 in Italien geboren, schuf der geniale Maler und Bildhauer

nicht nur unvergleichliche Kunstwerke, sondern war auch Architekt,

Mechaniker und Ingenieur, Anatom und Naturphilosoph.

Er betrieb wie kein anderer hochintelligente, visionäre Wissenschaft, die Erfindungen hervorbrachte, mit denen er seiner Zeit um bis zu 5 Jahrhunderte (!) voraus war. Er selber sah darin die logische Fortsetzung seiner Kunst, die er stets mit der Wissenschaft verbunden sah.

Er malte um zu verstehen, und forschte um zu malen;

eine Symbiose, die unauflöslich war.

Entsprechend groß auch meine Erwartungen an die Ausstellung in der Queen’s Gallery, und ich wurde nicht enttäuscht. Gezeigt wurden anatomische Studien Leonardo da Vincis aus dem Winter 1510-11.

Die meisten seiner insgesamt etwa 200 hinterlassenen Skizzenblätter sind heute Bestandteil der Kunstsammlung der britischen Königsfamilie. Rund 30 dieser mit Feder, Tinte und Rötel gefertigten Blätter sind in Edinburgh zu sehen. Sie entstanden aufgrund zuvor an der Universität von Pavia durchgeführter Autopsien.

Diese hatte da Vinci gemeinsam mit dem Arzt und

Anatomieprofessor Marcantonio della Torre vorgenommen.

Eine erstaunliche Zusammenarbeit, denn man muss wissen, dass da Vinci, der weder griechisch noch lateinisch lesen konnte, in seiner Zeit als ungebildeter Mensch galt.

Als Autodidakt musste er sich das damals vorhandene und notwendige Wissen selber erarbeiten – eine enorme intellektuelle Leistung. Im Jahre 1487 hatte Leonardo damit begonnen, sich der Anatomie zuzuwenden.

Er entdeckte darin die wahre Schönheit

des Wunderwerks Schöpfung.

Trotz Unterbrechungen ließ ihn diese Faszination nicht mehr los. Auf dem Höhepunkt seiner Forschung lernte er 1510 den Gelehrten della Torre kennen. Dieser war einer der Ersten, die damit begannen, medizinisches Wissen mithilfe der Lehren des griechischen Anatoms Claudius Galenus zu illustrieren.

Damit wollte er die bis dahin eher unerforschte Anatomie vorantreiben. Leonardo war ein genialer Zeichner, und damit ein Glücksfall für den italienischen Professor. Leonardo widerum profitierte vom Austausch mit dem Gelehrten.

Ein Beispiel dafür, wie eng damals die Wechselbeziehung

zwischen Kunst und Wissenschaft sein konnte.

Das Geniale an den Skizzen Leonardos war die einzigartige Zeichentechnik, die er dabei anwandte. Indem er jedes Organ, jeden Knochen und jeden Muskel aus verschiedenen Blickwinkeln abbildete, erlangte er damit nicht nur Plastizität sondern auch wissenschaftliche Exaktheit. Diese Art der Dokumentation anatomischen Wissens blieb lange unerreicht.

Das Besondere der aktuellen Ausstellung ist jedoch das mit den Skizzen verknüpfte, ungewöhnliche Konzept. Anhand neuester Technologien wie CT und MRI-Scans, Computersimulationen und 3D-Filmen wird eine spannende Gegenüberstellung Leonardos und heutigen Erkenntnissen erzeugt.

Dadurch läßt sich selbst für anatomische Laien erkennen,

wie unglaublich präzise er arbeitete.

Nicht umsonst gilt er als der bedeutendste Anatom des 16. Jahrhunderts. Sein Wissensstand war nicht weit von dem heutiger Zeit entfernt.  In seinen Notizen fand man u.a. eine Anleitung für den Bau eines künstlichen Herzens.

Da Vinci goss dazu ein Ochsenherz mit Wachs aus und erstellte anhand dessen ein Glasmodell. Dieses füllte er mit Wasser und Hirsesamen. So konnte er die Strömungslinien des Blutes durch das Herz erkunden. Eine Nachbildung dieses erstaunlichen Modells ist ebenfalls in Edinburgh zu sehen.

Doch ist es  nicht das einzige Highlight der Präsentation, im Gegenteil. Staunend geht man von einem Exponat zum nächsten. So ist die Ausstellung eine echte Bereicherung, zumal der Audio-Guide wirklich hervorragend gemacht ist.

Schade nur, dass er ausschließlich in englischer Sprache erhältlich ist. Ich hatte damit Gott sei Dank keine Probleme. Wer jedoch nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, hat hier schlichtweg Pech gehabt. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt.

Mein Resumee der Ausstellung;

absolut empfehlenswert.

Sie dauert übrigens noch bis zum 10. November und kostet 6.25 GBP Eintritt incl. Audio-Guide.

Freundlicherweise erlaubt, bzw. erwünscht die Queen’s Gallery ausdrücklich das Fotografieren der Exponate, solange dies ohne Blitzlicht erfolgt. So war es mir möglich einige Eindrücke zu dokumentieren. Es war nicht ganz einfach, gute Ergebnisse zu erzielen, da die Ausstellungsstücke hinter Glas gezeigt werden.

Um störende Lichtreflexe zu umgehen, waren saubere Frontalaufnahmen größtenteils nicht möglich.

So musste ich die meisten Bilder aus einer seitlichen Perspektive aufnehmen. Aufgrund eines entsprechenden Hinweises auf der Hompage der Galerie ist es mir urheberrechtlich erlaubt, diese Bilder in meinem Blogbeitrag zu veröffentlichen.

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