Schottland – Résumé einer Reise
18. August 2013
Brigitte Grawe

Die Studienreise nach Schottland war schön, aber vor allem aufschlussreich.

In letzter Zeit hatte ich mich in Sachen Kunst zunehmend im Kreise gedreht. Immer neue Angebote und Chancen, Möglichkeiten und Ideen ließen mich zunehmend unstrukturiert werden. Bisher hatte ich stets eine klare Zielrichtung verfolgt, doch genau die verlor ich nun aus den Augen.

Das könnte man auch Jammern auf höchstem Niveau nennen.

Aber dazu kam Anfang des Jahres eine mehrmonatige Erkrankung, die meine sorgfältige Planung auf den Kopf stellte. Ich musste dringend eine neue Marschroute festlegen, was bedeutete, Entscheidungen zu treffen. Dass weniger manchmal mehr ist, war mir bewusst.

Aber genau da lag der Hase im Pfeffer. Welches Angebot sollte ich annehmen, und welches ablehnen? Welche Ideen tatsächlich realisieren, welche verwerfen? So verlockend manches auch scheint, man muss realistisch bleiben. Schon das Zeitmanagement muss kritisch geprüft werden.

Zeitdruck bedeutet nicht nur Stress,

sondern ist zudem ein übler Kunstkiller.

Schweren Herzens und immer mit dem Gedanken, ich könnte eine falsche Entscheidung getroffen haben, lehnte ich darum bereits 2012 vielversprechende Projekte ab. Doch wo ich ein Angebot ablehnte, eine Idee ad acta legte, kam etwas Neues hinzu.

Ich wurde immer unentschlossener und unglücklicher, so konnte es nicht weiter gehen. Ich war an einem Scheideweg angekommen, der langsam zum Irrgarten zu werden drohte. Die lange geplante Studien- oder besser Orientierungsreise nach Edinburgh kam da genau richtig …

Eine Reise ist ein vortreffliches Heilmittel für verworrene Zustände.
Franz Grillparzer (1791 – 1872)

Zunächst einmal war es wichtig, meine grauen Zellen aus dem andauernden Kreislauf herauszubekommen. Denn genau das war mir im gewohnten Umfeld nicht mehr möglich gewesen. Aber in Edinburgh ging es erstaunlich einfach und ganz schnell, obwohl auch dort die Kunst im Vordergrund stand.

Ganz bewusst hatte ich den Monat August für meine Reise gewählt. Zu dieser Zeit findet dort das weltgrößte Kunstfestival Fringe statt. Das heißt; Kunst an wortwörtlich allen Ecken und Enden! Das entspannte Eintauchen in so ziemlich alle existierenden Kunstformen hat für die dringend  notwendige Distanz zur eigenen Kunst gesorgt.

Der Kopf war endlich wieder frei und damit offen für

den frischen Input und daraus resultierende Inspiration.

Mich nicht mehr in der Endlosschleife meines Gedankenkreisels zu bewegen, war eine Wohltat. Und dann löste sich plötzlich mein persönlicher gordischer Knoten. All das, was ich zuvor monatelang und ergebnislos überdacht hatte, lag mit einem Mal klar und zweifelsfrei vor mir.

Ich wusste, welche Projekte ich nicht mehr weiterverfolgen würde, und welche ab sofort in den Fokus rückten. Es war erleichternd, endlich wieder eine Marschroute zu haben. Ich konnte meine Ziele neu definieren und spürte gleichzeitig, die daraus entstehende Energie.

So weit, so gut. Doch es gab noch einen weiteren, wichtigen Grund für meine Reise.

Wer mich näher oder persönlich kennt, der weiß; ich habe konkrete Auswanderungspläne. In wenigen Jahren möchte ich hier meine Zelte abbrechen und nach Großbritannien gehen. Bevorzugtes Ziel ist Südengland, aber auch Schottland oder Irland sind in der engeren Wahl.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung wird der ideale Standort für meine Kunst sein. Der mit einer Auswanderung verbundenen Risiken bin ich mir bewusst, daher habe ich eine intensive, längere Vorbereitungsphase eingeplant.

Die Entscheidung, wo ich mich niederlasse, wird die wichtigste sein.

Von ihr wird mein Erfolg maßgeblich abhängen. Darum nehme ich mir auch die Zeit, sorgfältig abzuwägen. Keinesfalls darf ich mich von den landschaftlich verlockenden Reizen des jeweiligen Landes verleiten lassen, was zugegeben nicht einfach ist.

Schottland ist das bisher mit Abstand Schönste, das ich je bereisen durfte. Ich habe mich verliebt in Land und Menschen. Ich muss gestehen, nur zu gerne würde ich in dieser malerischen Kulisse und mit den so liebenswerten Schotten leben und arbeiten.

Doch es hilft alles nichts; ich muss rational denken und entscheiden.

Das Geld fällt auch in Schottland nicht vom Himmel. So werde ich im nächsten Jahr ‘last but not least’ Irland bereisen. Danach muss ich mich definitiv festlegen. Ich denke aber, es wird bei England bleiben. Meine bisherigen Recherchen, Marktanalysen und Reisen lassen mich immer wieder zu diesem Ergebnis kommen.

Erste, vielversprechende Kontakte habe ich auch schon knüpfen können. Im Oktober bin ich das nächste Mal dort, und freue mich schon sehr darauf. Zum Einen, weil ich wie bereits im letzten Jahr an einer Londoner Kunstmesse teilnehmen werde und zum Anderen, um das ‘Institute of Neuroesthetics’ am University College London zu besuchen.

Für all das sind selbstverständlich gute Englischkenntnisse die Grundlage.

Darum lerne ich seit letztem Jahr regelmäßig und intensiv. Die Belohnung erfahre ich dann auf Reisen wie diesen. Der Kontakt zu den Schotten ergab sich ganz unkompliziert. Meine Befürchtung, ich würde dem schottischen Dialekt nicht gewachsen sein, war unbegründet.

Die für ihre Gastfreundschaft bekannten Schotten sind sehr bemüht, verständlich zu sprechen. Und so war es mir eine Freude, mich mit diesen so herzlichen Menschen ganz unproblematisch unterhalten zu können. Ausgenommen natürlich Highlander Joe, aber das ist eine andere Geschichte …

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